Mental Health am Arbeitsplatz

Warum sich Führungskräfte ihrer Vorbildfunktion bewusst werden müssen

Wir leben immer gesundheitsbewusster: Essen ausgewogen, achten auf ausreichend Bewegung und halten unseren Körper so fit. Auch dem mentalen Wohlbefinden wird immer mehr Wert beigemessen. Inspirierende Vorbilder sind häufig CEOs und Manager:innen, die LinkedIn-Posts über moderne Ernährungspläne, Feierabend-Workouts und Podcasts zur Work Life Balance teilen. Und gleichzeitig sind es diese Führungskräfte, die nie krank zuhause bleiben, den Terminkalender von morgens bis abends voll haben und täglich an ihre Grenzen gehen. 

Diese beiden Ideale passen nicht zusammen. Das zeigt sich spätestens, wenn man die aktuellen Zahlen einer Studie zu psychischen Belastungen von Fach- und Führungskräften betrachtet. Gut 38 Prozent der Studienteilnehmer:innen geben an, dass psychische Belastungen am Arbeitsplatz, wie Burn-out, Überforderung und Depressionen, eine „eher große” oder „große” Bedeutung in ihren Unternehmen haben. Mit Blick in die Zukunft schätzen sogar rund 70 Prozent der Befragten, dass psychische Leiden ein relevantes Thema sein werden. (1)

In diesem Beitrag möchten wir beleuchten, warum die mentale Gesundheit für Arbeitnehmer:innen und Unternehmen so bedeutsam ist, welche Rolle Führungskräfte in diesem Zusammenhang spielen und wie Coaching eingesetzt werden kann, damit die Führungskräfte ihrer Vorbildfunktion gerecht werden können.

Ein Beitrag von Lisa Rätze

 

Wie steht es aktuell um die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz?

Mit dem stetigen Wandel der Arbeitswelt ändern sich auch täglich die Herausforderungen an Unternehmen und ihre Mitarbeitenden. Schon vor der Corona-Pandemie waren psychische Erkrankungen wie Angststörungen, Depression oder Burnout ein großer wirtschaftlicher Risikofaktor. Sie sorgten immer häufiger für Fehlzeiten. Insbesondere die erste Hälfte des Jahres 2023 zeigt eine dramatische Entwicklung: Laut Daten der KKH (Kaufmännische Krankenkasse) sind die Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 um 85 Prozent gestiegen – so stark wie nie. Demnach kamen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres auf 100 KKH-Mitglieder 303 Ausfalltage. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 164 Tage. (2) Andere Krankenkassen berichten von ähnlich drastischen Anstiegen. (3)

Besonders kritisch für Unternehmen ist die Krankheitsdauer in diesen Fällen. Sie ist mit 38,9 Tagen rund dreimal so hoch wie bei anderen Erkrankungen. Dabei sind alle Altersgruppen gleichermaßen betroffen. (4)

Auf den betroffenen Personen lastet darüber hinaus ein großer gesellschaftlicher Druck, denn psychische Erkrankungen werden nach wie vor stigmatisiert und tabuisiert. Dieses Klima des „Totschweigens“ wirkt sich auch negativ auf die Rückkehr in den Beruf aus, denn oft nehmen Beschäftigte einige Symptome als Langzeitfolgen mit in ihren Arbeitsalltag. 

 
 

Wie gehen Unternehmen mit dem Thema Mental Health um?

Während die Pandemie die Prävalenzzahlen psychischer Erkrankungen in die Höhe trieb, wuchs gleichzeitig auch das Bewusstsein für die Relevanz des Themas. Plötzlich befanden sich viele Beschäftigte und Führungskräfte in der Isolation, gefordert von neuen Herausforderungen und ohne die Chance auf direkten Kontakt und Austausch. Seitdem boomt der Markt rund um das Thema Mental Health. Egal ob auf Messen, in Wirtschaftsmagazinen oder Fachtagungen, es kommen immer mehr neue Ideen auf den Tisch, die das Thema Mentale Gesundheit revolutionieren wollen. 

Laut einer aktuellen Studie im Auftrag der TK (Techniker Krankenkasse) bieten bereits rund 40 % der befragten Unternehmen ihren Mitarbeitenden Angebote zur Stressreduktion und Ressourcenstärkung an. Ca. 37% haben darüber hinaus bereits Workshops zum Thema Achtsamkeit und Resilienz durchgeführt. (1) 

So weit so gut. Doch zeigen diese Ergebnisse auch, dass noch über die Hälfte der Unternehmen überhaupt keine derartigen Vorsorgeangebote zur Verfügung stellen. Des Weiteren stellt sich die Frage: Wer nutzt die betrieblichen Angebote? Eine aktuelle Umfrage von Headspace zeigt, dass nicht einmal die Hälfte aller befragten HR Manager (41%) betrieblich verfügbare Mental Health Benefits regelmäßig nutzen. Im Gegensatz dazu kommen die Beschäftigten auf einen Wert von 73% und auch die CEOs liegen mit 64% vor den Führungskräften im Bereich Personal. (5)

An dieser Stelle blicken wir auf ein spannendes Paradox: Beschäftigte und vor allem Führungskräfte des mittleren Managements erleben immer mehr Stress an ihrem Arbeitsplatz und sehen sich zunehmenden Belastungen ausgesetzt. Die psychische Gesundheit rückt stärker in den Fokus und Unternehmen leiten betriebliche Vorsorgeprogramme in die Wege. Die Mitarbeitenden nehmen diese Angebote häufig wahr aber Führungskräfte nutzen sie kaum – warum? 

 

Welche Rolle spielen die Führungskräfte?

Führungskräfte stehen an vorderster Front, wenn es um den Umgang mit den neuen Arbeitsanforderungen geht. Sie sind sowohl Wegweiser als auch Vorbild. Dabei sehen sie sich zunehmend psychischen Belastungen ausgesetzt, die sich von denen der Beschäftigten teilweise unterscheiden und von der Führungsebene abhängig sind. Gerade in sogenannten Sandwichpositionen, wenn Druck von der übergeordneten Führungsebene und von den unterstellten Beschäftigten kommt, steigt häufig auch das Stresslevel. Besondere emotionale Anforderungen und überlange Arbeits­zeiten treten bei Führungskräften häufiger auf als bei anderen Erwerbstätigen. (6)

Viele Führungskräfte verkennen, welche Auswirkungen ihr Umgang mit der eigenen Gesundheit auf sie selbst und ihre Angestellten hat. Oft wird lediglich der angewandte Führungsstil als Einflussfaktor benannt, doch auch das individuelle Verhalten einer Führungskraft hat Auswirkungen auf ihr Team. (7) 

Folgende Aspekte sollten dabei beachtet werden: 

 

1. Bewusstsein und Bildung:

Führungskräfte sollten sich über mentale Gesundheit informieren und dieses Wissen aktiv nutzen, um sich selbst und anderen zu helfen. Sie sollten zeigen, dass mentale Gesundheit am Arbeitsplatz eine wichtige Angelegenheit ist, indem sie sich damit auseinandersetzen und darüber sprechen. 

2. Offene Kommunikation und Empathie:

Als Vorbilder sollten sie eine offene Kommunikationskultur fördern, in der Mitarbeitende sich sicher fühlen, über mentale Gesundheitsprobleme zu sprechen. Empathie und aktives Zuhören sind hierbei von entscheidender Bedeutung. 

3. Work-Life-Balance und Erholung vorleben:

Führungskräfte müssen durch ihr eigenes Verhalten zeigen, dass sie Wert auf Work-Life-Balance legen und Pausen zur Erholung als wichtig erachten. Dies beinhaltet auch die Nutzung von Urlaubstagen und die Vermeidung von Überarbeitung. 

4. Stigmatisierung abbauen:

Sie sollten offen über mentale Gesundheitsprobleme sprechen und dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und die Stigmatisierung zu verringern. Durch ihre Offenheit können sie anderen Mut machen, Unterstützung zu suchen.

5. Resilienz und Stressbewältigung demonstrieren: 

Führungskräfte können als Vorbilder Resilienz fördern, indem sie Schulungen und Workshops besuchen und zeigen, wie man stressige Situationen bewältigen kann. Sie sollten ihre eigenen Strategien zur Stressbewältigung teilen und ermutigen, diese in den Arbeitsalltag zu integrieren.

 

Wie kann Coaching die Führungskräfte dabei unterstützen?

Coaching spielt eine zentrale Rolle dabei, Führungskräfte zu befähigen, starke Vorbilder für mentale Gesundheit am Arbeitsplatz zu werden. Coaches können unter anderem dabei helfen, das Bewusstsein für mentale Gesundheit zu schärfen und Führungskräfte für ihre eigenen Bedürfnisse und die ihres Teams zu sensibilisieren.

Im Coachingprozess können Führungskräfte lernen, wie sie offen über mentale Gesundheit sprechen können, um eine Kultur der Empathie und Unterstützung zu etablieren. Sie entwickeln Fähigkeiten zur effektiven Kommunikation, um Mitarbeitenden das Gefühl zu vermitteln, gehört und verstanden zu werden. Zudem erhalten sie Werkzeuge zur Verbesserung ihrer eigenen Work-Life-Balance und zur Stressbewältigung, die sie als Vorbilder im Berufsalltag anwenden können. 

Business Coaching bietet auch einen sicheren Raum, in dem Führungskräfte ihre eigenen mentalen Gesundheitsbedenken besprechen können, ohne Stigmatisierung oder Vorurteile zu fürchten. Dies trägt dazu bei, das Tabu rund um mentale Gesundheitsprobleme abzubauen und zeigt, dass es in Ordnung ist, Unterstützung zu suchen. So kann Coaching den Führungskräften dabei helfen, eine gesunde, unterstützende Arbeitsumgebung zu schaffen und die ihre eigene mentale Gesundheit und die ihrer Teams zu fördern.

Nimm gern Kontakt zu uns auf und erfahre in einem persönlichen Beratungsgespräch genauer, wie unsere Coaching Lösung das Thema Mentale Gesundheit präventiv fördern kann. 

 

Quellen:

  1. Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung GmbH. (2023). #whatsnext – Gesund arbeiten in der hybriden Arbeitswelt.https://www.tk.de/resource/blob/2146938/e089a6811cb795413d74911ac9a81b03/whatsnext-2022-data.pdf

  2. KKH Kaufmännische Krankenkasse. (2023, 09. September). Fehlzeiten wegen Depressionen & Co. stark gestiegen [Pressemeldung]. https://www.kkh.de/presse/pressemeldungen/au-psyche

  3. DAK Gesundheit. (2023). Psychreport 2023. https://www.dak.de/dak/download/report-2609620.pdf

  4. Knieps, F. & Pfaff, H. (2021). Krise - Wandel - Aufbruch: Zahlen, Daten, Fakten - mit Gastbeiträgen aus Wissenschaft, Politik und Praxis. BKK Gesundheitsreport 2021.

  5. Headspace. (2023). A turn of the tide: Employee mental health in 2023. https://5327495.fs1.hubspotusercontent-na1.net/hubfs/5327495/workforceattitudes-MAY42023.pdf

  6. Lohmann-­Haislah, A. & Burr, H. (2023). Psychische Belastung und mentale Gesundheit bei Führungskräften. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. baua: Fakten. 

  7. Echterhoff, M. (2011). Führungskräfte tragen Verantwortung – auch für die Gesundheit der Beschäftigten?! In B. Badura et al. (Hrsg.) (S. 89 - 95). https://doi.org/10.1007/978-3-642-21655-8_9

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